Rezenzion: Yanomar – Das verfluchte Königreich
UPDATE: Das Buch ist mittlerweile von Amazon entfernt worden
Das bei CreateSpace veröffentlichte Buch, Yanomar – Das verfluchte Königreich, wurde von Thomas Hanak geschrieben. Ein Autor, der vorher mal Filmkritiken und Videos über das Schreiben von Geschichten auf YouTube hochgeladen hat. Ein Autor der sich gerne als Allwissend in diesen Belangen inszenierte und den Unterschied zwischen Theorie und Praxis mittlerweile bitterlich lernen musste.
Zwar hatte er bereits drei Bücher geschrieben, aber wegen den erfolgslosen Versuchen sie bei einem Verlag unterzubringen, danach immer kostenlos zur Verfügung gestellt. Da sein neustes Werk erneut nur Absagen erhielt bzw. noch auf diese wartet, hat Thomas Hanak sich entschieden den schnellen Weg des Selfpublishers zu gehen. Etwas, das ihm vorher nicht möglich war.
Aber um was geht es in der Geschichte?
Opilio, der sich durch die Lösung von besonders schwierigen Fällen einen Namen machen konnte, wird vom König und der Kirche beauftragt mehr über die Untoten in den Randgebieten des Königreichs in Erfahrung zu bringen. Zur Seite gestellt wird ihm die verrufene sowie gleichermaßen mysteriöse Magierin Cibo. Auf dieser Mission treffen sie auf allerlei merkwürdiger Personen und Kreaturen, bis aus dem ungleichen Zweiergespann eine Gruppe von fünf Leuten wird.
Laut dem Autor diente das grandiose Videospiel Dark Souls als Inspiration zu dieser Geschichte. Denn er hatte sich gefragt, wie aus einem goldenen Zeitalter voller prächtiger Bauten und prunkvollen Städten, eine von Untoten bevölkerte Ödnis aus Verfall und Hoffnungslosigkeit werden konnte. Eine Prämisse auf die ich mich gefreut habe.
Jedoch beschränken sich die Verbindungen von Dark Souls und Yanomar nicht nur darauf. Tatsächlich sind viele Orte, Namen und auch Charaktere an Dark Souls angelehnt, wodurch es der Welt von Yanomar an eigener Identität fehlt und das ganze fast schon zu einer Fanfiction verkommt. Besonders dreist ist jedoch die Entstehungsgeschichte von Yanomar, da diese fast komplett aus dem Dark Souls Prolog übernommen ist. Ebenso der ganze Storystrang mit dem Läuten der zwei Glocken. Oder der Grund für die Untoten, oder der Charakter Cibo der eins zu eins aus dem Spiel entnommen wurde. Thomas Hanak selbst bezeichnet es als einen „kleinen Love-Letter“ an Dark Souls. Ich bezeichne es als lieblose Kopie, denn dieser Liebesbrief ist offensichtlich auf Pauschpapier geschrieben worden.
Irgendwie fühlt sich das Ganze nach einem Marketing Trick an um die Fans der Videospielreihe abzugreifen, die sich schon immer einmal ein Buch wie Dark Souls gewünscht haben. „Hier und da eine kleine Dark Souls bzw. Bloodborne Referenz und das Buch wird ein Geheimtipp unter Gamern“. So stelle ich mir den Gedankengang des Autoren vor.
Schreibstil
Und hier kommen wir zum ersten mal zu einem Kritikpunkt der mir den Spaß am Lesen teilweise gehörig verdorben hat. Während man den möglichen Versuch sich an Dark Souls hochzuziehen zwar verwerflich finden kann, so hindert dieser einen aber nicht daran trotzdem ein gutes Buch abzuliefern.
Fangen wir mit den Dialogen an. Diese werden grundsätzlich folgendermaßen dargestellt:
Opilio: „Hallo, mein Name ist Opillio.“
Cibo: „Schön dich kennen zu lernen.“
Was anfangs zwar befremdlich wirkt, ist später nur noch Gewöhungssache und letztendlich eine Frage der eigenen Präferenz.
Was jedoch viel schlimmer und unentschuldbar ist, ist das weglassen der Redebegleitsätze. Die oben dargestellte Weise der Dialoge stimmt nämlich nicht ganz. Manchmal sieht sie auch so aus:
Cibo: „Es ist nicht das, was du meinst, worum es sich handelt“, platzte Opilio beinahe eine Schlagader am Hals, als Cibo so anfing.
Es ist für mich unbegreiflich wie so etwas dem Autoren nicht auffallen konnte und selbst als man ihn in einer Kritik darauf ansprach, war er immer noch nicht in der Lage seinen Fehler zu erkennen. Also jetzt noch ein mal nur für dich, das sind die zwei korrekten Schreibweisen:
Variante 1
Cibo: „Es ist nicht das, was du meinst, worum es sich handelt“, sagte sie und Opilio platzte beinahe eine Schlagader am Hals, als Cibo so anfing.Variante 2
Cibo: „Es ist nicht das, was du meinst, worum es sich handelt.“ Opilio platzte beinahe eine Schlagader am Hals, als Cibo so anfing.
Diese Fehler ziehen sich durch das ganze Buch. Jedes mal wird der Redebegleitsatz weggelassen bzw. durch ein Verb ersetzt, das da nichts zu suchen hat. Jedes mal wenn man solch einen Dialog ließt, ist es so als hätte man einen kurzen Blackout und man wäre eine Zeile weiter ohne zu wissen was vorher passiert ist. Die längste Zeit war ich mir nicht sicher ob das Absicht oder ob irgendein Formatierungsfehler dafür verantwortlich war.
Rechtschreibfehler/Grammatik/Zeichensetzung
Dafür dass kein professionelles Korrektorat verwendet wurde, finden sich relativ wenig Fehler wieder, die jedoch alle leicht vermeidbar gewesen wären. So lässt der Autor z.B. konsequent die Leerzeichen aus, wenn er drei Punkte verwendet.
Falsch
„Das…kann…nicht wahr sein.“Richtig
„Das … kann … nicht wahr sein.“
Was mir auch negativ aufgefallen ist, ist der Gebrauch von mehreren Ausrufezeichen und oder die Kombination mit Fragezeichen. Sinngemäße Beispiele:
„Mach endlich!!!“
„Bist du dir sicher?!“
Da fühlte man sich gleich wie in einem toxischen Facebookpost oder einem YouTube-Kommentar wieder und nicht in der Welt von Yanomar.
Schreibstil
Der Schreibstil von Thomas Hanak ist flüssig und leicht zu lesen. Bis auf manche Wörter die er übermäßig oft gebraucht (abgefahren, fertig, volle Montur, Nonsense) und ein paar ungelenke Infodumps gibt es an ihm nichts auszusetzen, wäre da nicht eins: Er ist Inkonsistenz. Während Hanak in der einen Szene eine mittelalterlich angehauchte Sprache verwendet
„Haltet ein, Reisende. Im Namen des Waldes von Bleht und seiner Herscherin, der größten Lyari Maelyrra, hört meine Worte und beantwortet meine Fragen.“
wird sogleich jeder Anflug von atmosphärischer Dichte sofort zerstäubt, weil man auf der nächsten Seite plötzlich Wörter wie „Nonsense“, „abgefahren“, „Team“, „okay“, „Fanclub“, „Hollows“, „show“, „wow“, „Nihilistin“ oder „mimimi“ ließt.
Darf man also annehmen, dass in Yanomar unter anderem Englisch gesprochen wird?
Der Autor begründet seine Entscheidung solch eine Sprache zu verwenden weil er der Ansicht ist, untereinander würde man sich nicht so hochgestochen unterhalten wie vor einem König. Das stimmt, jedoch hätte man trotzdem auf diese „Fremdwörter“ verzichten können um nicht unnötiger Weise die Atmospähre zu zerstören. Teilweise fühlt man sich wie in dem Film „Ritter Jamal – Eine schwarze Komödie“.
Laut eigenen Angaben hat der Autor sich an dem Schreibstil von Joss Whedon orientieren wollen, dessen prägender Schreibstil mittlerweile auf alle Marvel Filme abgefärbt hat und für diesen typischen Humor verantwortlich ist. Jedoch hat der Autor hier nicht das Skript eines Filmes geschrieben sondern ein Buch und dort funktioniert Slapstick oder Situationskomik nun mal nicht so gut. Dadurch weckten diese Teile der Dialoge gelegentlich in einem den Fremdscham, was nicht nötig gewesen wäre wenn man ab und zu einen Gang runtergeschalten hätte, denn das Potential ist da. Beispiel:
Cibo: „Guten Morgen Opilio, ich hoffe, die Nacht hat dir Einsicht gebracht, dass es um meine glamouröse Präsenz einfach kein Drumherum gibt.“
Opilio: „Wow, wow, was ist das? Was ist hier los?“
Cibo: „Was denn?“
Opilio: „Dieser familiäre Umgagston – lassen Sie das gefälligst (…).
Jetzt kommen wir zu dem größten Kritikpunkt: Das Buch ließt sich nicht wie ein Buch. Es ist eher so als seien diese 200 Seiten nur die Zusammenfassung eines 400 Seiten Buches. Die Handlung springt von Ereignis zu Ereignis das man das Gefühl hat man würde einen Film in doppelter Geschwindigkeit schauen wodurch man aber nicht das doppelte mitbekommt, sondern nur die Hälfte. Nach jedem Kapitel fragt man sich: „Hä? das war’s schon?“ und sieht nach ob man nicht zwei Seiten aufeinmal umgeblättert hat. Nie wird sich die Zeit gelassen erlebtes zu besprechen oder darüber zu erzählen was wer in diesem Moment gerade fühlt. Allgemein wird zwischen den fünf nicht viel gesprochen was vermutlich daran liegt, das der Autor keinen dieser Charaktere eine Vergangenheit oder Leben außerhalb der Story gegeben hat, über das man hätte reden können. Lass Opilio doch mal über einen lustigen Fall erzählen. Lass Die Magier doch mal erzählen wie sie als Kinder aufgewachsen sind und lass die Menschen staunen da sie ganz anders aufgewachsen sind. Zum Glück ändert sich das auf den letzten 60 Seiten und es wird sich endlich vom episodenartigen Erzählstil losgelöst.
Charaktere
Charaktere mit dem Kaliber eines Jamie Lannister braucht ihr hier nicht zu erwarten. Sie alle haben keine wirklichen inneren Konflikte, keine Motivationen oder Ziele. Zumindest bekommt man von all dem nichts mit. Einzige Lichtblicke sind da Oscar und Cibo. Während Oscar im Gegensatz zu den anderen noch so etwas wie menschliche Gefühle und Sehnsüchte bietet, umgeben ihm zudem noch einige interessante Mysterien. Selbiges gilt bei Cibo, sie scheint mehr zu wissen als sie preisgibt und gerade am Ende bekommen wir endlich mal richtige Emotionen zu sehen und den Hauch von etwas Großem – vielleicht Hanaks wahres Talent wenn er sich nicht so hetzten würde. Was mir bei Cibo dann aber doch nicht gefallen hat, ist wieder die inkonsequente Darstellung ihres Charakters. Auf der einen Seite ist sie die mysteriöse hundertjährige Sektenführerin die sich von nichts beeindrucken lässt sondern eher alle anderen beeindruckt. Auf der anderen Seite ist sie das kleine Mädchen das ständig Scherze reißt und Tavernen danach aussucht wie süß das Namensschild ist. Nur um in der nächsten Szene wieder mit einem „Resting bitch face“ bedeutungsschwangere Andeutung zu machen.
Das alles hätte soviel mehr Potential gehabt. Christofur, der aufrichtige Ritter könnte seine Weltanschauung über Bord werfen da alles an was er geglaubt hat sich als Lüge herausgestellt hat (sozusagen wie bei Brienne). Lass Hyarla ihre Arroganz über Menschen überwinden wie es Legolas mit seiner Arroganz über Zwerge getan hat ( Gimli: „Ich hätte nie gedacht das ich an der Seite eines Elben sterben würde.“ Legolas: „Wie wäre es an der Seite eines Freundes?“). Solche Sachen Entwicklungen fehlen komplett.
Story
Die Story an sich ist in Ordnung und man wird auch getrieben weiterzulesen, um endlich zu erfahren was es mit den Untoten auf sich hat. Jedoch ist die Auflösung des Falls relativ unspektakulär und erinnert stark an ein anderes Werk.
Markiere den unsichtbaren Text mit der linken Maustaste um den Spoiler sichtbar zu machen:
SPOILER ANFANG 〉 Spoiler für Yanomar – Das verfluchte Königreich und die erste Staffel von The Walking Dead:
Am Ende stellt sich heraus, dass alle Menschen in Yanomar verflucht sind und sich nach ihrem Tod in Untote verwandeln. Nichts anderes bei The Walking Dead. Dort ist auch jeder Mensch infiziert und verwandelt sich nach seinem Tod in einen Zombie. Manchmal gibt es in Yanomar aber auch Ausnahmen und nach dem Tod passiert nichts. Wieso auch immer. Dadurch hat die Lösung des Falls nicht einmal irgendwelche Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Geschichte. 〈 SPOILER ENDE
Negativ muss ich jedoch erwähnen wie sie zur Lösung des Falls gekommen sind. Irgendwann sitzt die Gruppe in einer Schenke und weiß nicht mehr weiter, statt das also die Detektiveigenschaften von Opilio gefordert werden, holt Christofur einfach jemanden von der Straße der ganz zufällig weiß wo man ein paar Untote zu Versuchszwecken herbekommen könnte. Deus ex machina vom feinsten.
Worldbuilding
Einige Dinge vom Worldbuilding haben mir ziemlich gut gefallen. So z.B. die unterdrückte Rasse der Mischlinge, aus deren Schuppen sogar Waffen geschmiedet werden. Oder auch das Runen-Magiesystem von Opilio wodurch die Glaubwürdigkeit seines Charakters gestärkt wurde. Es wird nicht nur gesagt, dass Opilio clever ist, er handelt auch so mit den Runen. Zudem kam öfters mal eine alte Sprache auf, wodurch bei mir zum ersten mal so etwas wie ein „Sense of Wonder“ breitmachte. Sie gab der Welt mehr Tiefe und deutete erneut Großes an.
Fazit
Yanomar – Das verfluchte Königreich ist ein Buch mit vielen Fehlern die leicht vermeidbar gewesen wären, hätte man auch nur einmal in seinem Leben ein Buch gelesen. Was der Autor zugegeben hat, seit der Schule nicht mehr zu tun. Trotzdem ist es für mich immer noch unbegreiflich, wie man die Redebegleitsätze so sehr verschandeln kann. Ich gebe dem Buch 1 von 5 Sternen, da man Autoren, die das Handwerk des Schreiben nicht ernst nehmen, nicht unterstützen sollte, da diese nur den Ruf von selbstverlegten Büchern ruinieren. Alleine schon die Tatsache, dass Thomas Hanak wissentlich eine hingerotzte E-Book Version abgeliefert hat, da er laut eigener Aussage es nicht hinbekommen hat, nach sechs stündiger Probiererei eine vernünftige Formatierung hinzubekommen, zeigt wie ernst es ihm ist. Tut mir nicht leid leid, aber wenn man etwas nicht kann, dann sollte man es auch nicht für Geld anbieten. Stellt euch vor ihr würdet einen Maler einstellen, der für euch die Wände rot streichen soll. Als ihr dann nach ein paar Stunden wiederkommt, seht ihr wie der Maler die Wände mit roten Filzstiften bekritzelt, weil er die Farbeimer in der Firma vergessen hat und es ansonsten nicht besser hinbekommen hätte. Nichts anderes ist das hier. Eine absolute Frechheit das Buch für fünf Euro anzubieten.
Sollte Thomas Hanak es schaffen seinen Stolz runterzuschlucken und realisieren, dass die Kritiken keine Angriffe auf seine Person sind, sondern Ratschläge für die er dankbar sein müsste (sozusagen ein kostenloses Lektorat), dann könnte aus dem zweiten Teil tatsächlich vielleicht noch ein gutes Buch werden.
Bewertung
★☆☆☆☆
Erschienen: 14.3.2018 | Autor: Thomas Hanak | Seiten: 196 | Verlag: CreateSpace